Juso-Kreisvorsitzender Jonas Püls beleuchtet die Anfänge der Sozialdemokratie.

01. September 2016

Artikel von Dieter Radjiev Obermain-Tagblatt

ALTENKUNSTADT

Bild Jonas Püls 2016
Jonas Püls.   Foto: dieter Radziej

Als Arbeiter zu Politikern wurden

Juso-Kreisvorsitzender Jonas Püls beleuchtet die Anfänge der Sozialdemokratie in Deutschland
Als im Jahr 1863 der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein und sechs Jahre später die Sozialdemokratische Arbeiterpartei gegründet wurden, waren die Grundsteine für die heutige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) gelegt. Beide schlossen sich 1875 zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) zusammen, die 1890, im Zuge der Sozialistengesetze Bismarcks, ihren Namen in SPD änderte. Bei einem Vortragsabend blickte Juso-Kreisvorsitzender Jonas Püls in der ehemaligen Synagoge auf die wechselvolle Geschichte der „Genossen“ zurück.

Einleitend stellte Püls heraus, dass viele Entscheidungen in den vergangenen Jahrhunderten, selbst das Grundgesetz, sozialdemokratische Züge trügen. Er erinnerte an Begriffe wie „Freiheit“, „Gleichheit“ und „Brüderlichkeit“, die wichtige Grundsätze für sozialdemokratische Politik seien.
Der Referent setzte mit seinen Erläuterungen im 17. Jahrhundert an, in der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg, der mit dem Westfälischen Frieden sein Ende fand. Weite Landstriche waren damals verwüstet und entvölkert. Wer überlebt hatte, musste in äußerst bescheidenen Verhältnissen um sein täglich Brot kämpfen. Dies galt jedoch nicht für den Adel. Die Fürsten eiferten dem Sonnenkönig Ludwig XIV. in seiner Regierungsform nach und ließen ebenso prunkvolle Schlösser errichten. Und so keimte unter den Notleidenden immer mehr der Wunsch nach Freiheit und Demokratie auf. Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren es Männer wie Robert Blum, August Bebel, Karl Marx, Immanuel Emanuel Kant und Friedrich Engels, die in das Blickfeld rückten. In der Paulskirche erfolgte 1848 die Wahl des ersten Deutschen Parlaments.
Am Anfang des 19. Jahrhunderts stieg die Bevölkerungszahl, die industrielle Revolution verlieh der Wirtschaft in deutschen Landen Aufschwung. Das Kaiserreich nahm in Europa bald eine wichtige wirtschaftliche Stellung ein. Arbeitnehmer schufteten zur damaligen Zeit nicht selten zwölf Stunden am Tag, sodass sie kaum mehr Zeit hatten, über sich selbst nachzudenken – so vermerkt es zumindest ein Chronist. Und so gründeten sich erste Vorläufer einer sozialdemokratischen Partei: ab 1848 trat der Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrüderungsverein in Erscheinung, ab 1863 der von Ferdinand Lassalle gegründete, eingangs erwähnte Allgemeine Deutsche Arbeiterverein. 1875 schloss sich die Sozialistische Arbeiterpartei zusammen, aus der die SPD erwuchs.
Stärkste Partei im Reichstag
1912 war die SPD mit einem Stimmenanteil von 34,8 Prozent die stärkste Partei im Deutschen Reichstag, ohne Regierungspartei zu sein, und stellte nach dem Ersten Weltkrieg mit Friedrich Ebert sogar den ersten Reichspräsidenten. Ideologische Gegensätze und ein Streit über den richtigen Kurs der Partei sorgten schließlich für eine Spaltung der Partei. Nach 1922 betätigte sich die SPD zunächst in der Opposition und schrumpfte in den letzten freien Wahlen vor der nationalsozialistischen Diktatur auf 18,3 Prozent der Wählerstimmen. Die SPD habe übrigens, als einzige Partei in der damaligen Zeit, gegen die Ermächtigungsgesetze der Nationalsozialisten gestimmt, stellte Juso-Kreisvorsitzender Jonas Püls heraus. Dies alles blieb nicht ohne Folgen, denn von 1933 bis 1945 sahen sich die SPD-Mitglieder massiven Verfolgungen ausgesetzt, wurden inhaftiert und kamen teilweise in Konzentrationslager. Die Partei selbst wurde verboten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, bei den ersten Wahlen der neuen Bundesrepublik Deutschland, erhielten die Sozialdemokraten mit Kurt Schuhmacher an der Spitze 29,2 Prozent der abgegebenen Stimmen und landeten knapp hinter Konrad Adenauer und seiner Partei. 1966 bis 1969 stellte auch die SPD in der Großen Koalition Bundesminister und mit Willy Brandt den Bundeskanzler.
Viele soziale Errungenschaften, aber auch die freie Meinungsäußerung würden heute leider als eine Selbstverständlichkeit hingenommen, meinte SPD-Vorstandsmitglied Dieter Friebe. Dabei seien diese im besonderen Maße der SPD zu verdanken.

Teilen