Lichtenfels(mfa).
Um sich von der konzeptionellen Ausrichtung bzw. Frequentierung des Mehrgenerartionenhauses in Michelau zu informieren und in Vorbereitung der kommenden Kreistagssitzung am 25. Juli traf sich die SPD-Kreistagsfraktion in Michelau im Café des Mehrgenerationenhauses.
Sichtlich überrascht waren die SPDler über die intensive Nutzung des MGH(=Mehrgenerationenhaus) an diesen Mittwochspätnachmittag in Michelau.
Eine Babygymnastikgruppe, Mütter mit ihren jüngsten Sprösslingen, befand sich gerade im Aufbruch.
Eine 12 Personen umfassende Demenzgruppe mit zwei ehrenamtlichen Betreuerinnen war rund um einen großen Tisch versammelt, je nach Temperament und Können fröhlich oder teils etwas verhaltend altbewährte Weisen singend, ein Herr trommelte dazu auf den Tisch, einige klatschten dabei in die Hände. Wie wir später erfuhren, wird die Betreuung von an Demenz Erkrankten von Montag bis einschließlich Freitag jeweils von 13 bis 17 Uhr im Michelauer MGH angeboten, täglich gut frequendiert, täglich von mehreren ehrenamtlichen Demenzhelfern betreut. Inzwischen sind es 37 an der Zahl, die alle im MGH Michelau für ihre oft nicht einfache Aufgabe ausgebildet und qualifiziert wurden. Das MGH kann so in seinem „Cafe Auszeit“, inklusiv der Fahrzeit zum Treff, 25 Entlastungsstunden für pflegende Angehörige von Demenzkranken anbieten.
In einer Sofaecke, unmittelbar in der Nähe der Demenzgruppe saßen drei jüngere Männer, wie sich später herausstellte Flüchtlinge, die hier in Michelau wie weitere ca. 30 Personen zur Zeit wohnen und das Haus als Anlaufstelle nutzen um Deutsch zu lernen, unsere Kultur und Lebensgewohnheiten kennen zu lernen, Kontakte zu knüpfen oder um die hier eingerichteten Computerarbeitsplätze zu nutzen, für Erstellung von Lebensläufen, Bewerbungen etc., unterstützt von ehrenamtlichen Helfern oder auch vom Leiter der Einrichtung, Sozialpädagoge Frank Gerstner selbst.
Natürlich sei die kostenlose Nutzung von Wlan im Haus für die Flüchtlinge erst einmal ein großer Anreiz zu kommen, somit den Kontakt zu ihren Familien zumindest auf dieser Weise aufrechtzuerhalten, aber da auch viele andere junge Leute dieses Angebot gerne annehmen, entstehen dadurch häufig erste Kontakte
zur heimischen Bevölkerung, zumal die Flüchtlinge anfänglich sehr auf Hilfestellung angewiesen waren, so Gerstner.
Überhaupt seien die von ihm seit Jahren angebotenen Computerkurse im Haus und die Computerarbeitsplätze nicht selten auch Verknüpfungsebene zwischen älteren und jüngeren Besuchern, wusste Frank Gerstner zu berichten. So belegen nicht nur „ältere Semester“ die Computerkurse und nehmen wie vor kurzem bei der Bildbearbeitung von Fotos gerne die Unterstützung jüngerer Besucher an.
Und während Frank Gerstner die SPD-Fraktion im Café mittels eines Kurzreferates zum Haus informierte, traf eine mehr als 20 Personen umfassende Seniorengruppe ein, die sich einmal wöchentlich im Saal zur Tanz- und Gymnastikstunde trifft. Sozialpädagoge Frank Gerstner, verantwortlich seit Start des BRK-Mehrgenerationenhauses 2008 in Michelau für die konzeptionelle Entwicklung und Koordinator, zeichnete anhand von Daten der wissenschaftlichen Begleitung im Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser II und eigenen Statistiken den Kreisräten auf, dass das MGH zu einer landkreisweit einmaligen Instanz generationsübergreifender Aktivitäten und Angebote geworden sei. 2008 unter der Trägerschaft des BRK Bayern, KV Lichtenfels wurde die Einrichtung in Michelau im Rahmen des Aktionsprogrammes der Bundesregierung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als Mehrgenerationenhaus anerkannt und von der damaligen Familienministerin Frau Dr. von der Leyen eingeweiht. Die gesellschaftliche Bedeutung zeichne sich auch dadurch aus, dass seit einigen Jahren die koordinierende Zuständigkeit und Aufsicht beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben liege. Auch bestehe eine ganz spezifische kommunale Ausrichtung des BRK-Mehrgenerationenhauses, denn der Landkreis Lichtenfels gehört zu den vier Partnerlandkreisen in der BRD, die im Rahmen der Demografiestrategie des Bundes vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ausgewählt wurde. Das MGH verzahne nicht nur die Generationen untereinander, sondern entwickle für die unterschiedlichen Bedürfnisse Dienstleistungen und Hilfsangebote für jegliches Alter und habe sich dadurch zu einer „sozialen Ideenwerkstatt“ für den Landkreis Lichtenfels entwickelt. Auf die Frage von Kreisrätin Schuhmann auf die Auslastung des Hauses eingehend, händigte Frank Gerstner allen anwesenden Mitgliedern der SPD-Kreistagsfraktion Daten eines Selbstmonitorings aus, die er auch dem Landratsamt zur Verfügung gestellt hatte. Die Daten, die aus einer Erhebung, die zwischen September und Oktober 2015 im MGH erfolgte und durch Zahlen im 1.Quartlal 2016 ergänzt wurden, zeigen eine durchschnittliche Besucherzahl pro Tag von 135 Personen, eine stolze Bilanz, nicht zuletzt auch durch das „Cafe Auszeit“, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. 81,33% der Besucher kamen aus dem Landkreis, 17,3% waren unter 20 Jahre alt, 29,1% davon zwischen 20 und 59 Jahre, 38,4% zwischen 60 und 70 Jahre und 15,2% über 80 Jahre.
Kreisrat Jürgen Spitzenberger und 3. Bürgermeister von Michelau betonte, dass das MGH nicht nur wegen der beeindruckenden Besucherzahlen, eine Bereicherung, nicht nur für den Landkreis, sondern auch besonders für die Gemeinde Michelau sei. Es sollte langfristig als Begegnungsstätte der Generationen mit seinem vielfältigen Tagesangeboten für die unterschiedlichsten Lebenssituationen langfristig erhalten bleiben, auch wenn die Finanzierung sich mehr und mehr als problematisch erweise. Er fordere eine gemeinsame Unterstützung, die auf Bundesebene beginnen muss, übers Jahr 2020 hinaus. Fraktionsvorsitzende Faber ergänzte, da seien alle Partner gefordert, der Bund, das Land Bayern, der Landkreis mit seinen Kommunen, der jetzige Träger, das BRK, keine leichte Herausforderung, aber im Interesse der Sache sicherlich möglich, wenn alle Partner zusammen halten.
Auf die Frage der Kreisrätinnen Koch und Faber zum Angebot des MGH für junge Familie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, erläuterte Frank Gerstner, das MGH biete auch hier wie in allen anderen Angeboten nur Leistungen, die nicht als Konkurrenz, sonders als Ergänzung bestehender Einrichtungen gedacht sind. So bestehe z.B. im Bereich Kinderbetreuung im 2.Stock des Hauses, das Angebot der BRK-Kindertagespflege durch qualifizierte Tagesmütter, in Kooperation mit dem Landratsamt Lichtenfels kann auch eine Ersatzbetreuung erfolgen, wenn die Tagesmutter erkrankt ist oder Urlaub hat. Auch gibt es Wochenendbetreuungsmöglichkeit für berufstätige Eltern in der MGH-Kindertagespflege und nach wie vor, sehr begehrt sei, bei zur gelegentlichen Betreuung von Kindern, die Babysittervermittlung des MGH Michelau, die Vermittlung von jungen Leuten ab 14 Jahren, die jeweils in den Pfingstferien im MGH ihn einem umfangreichen Kurs auf ihre zukünftige Aufgabe als qualifizierter Babysitter vorbereitet werden. Auch biete man für Kinder von 4 bis 12 Jahre in den Sommerferien auch heuer wieder eine Ferienbetreuung mit kindspezifischen Aktionen an, das Programm dazu kann unter www.kvlichtenfels.brk.de angefordert werden, so Frank Gerstner.
Kreisrat Simon Ehnes aus Redwitz wollte wissen, warum im MGH es zwar viele interessante Angebote für Senioren gebe, doch keine komplette Tagespflegeeinrichtung bestehe, das Haus biete doch mit seiner Einrichtung die beste Voraussetzung. Frank Gerstner wusste zu berichten, dass er bereits 2010 ein Konzept dafür entwickelt habe. Er persönlich denke zurzeit mehr an eine Tagesbetreuung, aus der sich dann, wenn die Besucherzahlen es fordern, eine Tagespflege entwickeln könnte. Auch wenn das MGH auch heute schon eine Einsatzstelle für Schul-, Studien- und Ausbildungspraktikas sein, so Gerstner, biete eine Tagesbetreuung eine zusätzliche Ausbildungsebene. Und auf Grund unserer demographischen Entwicklung sei seiner Meinung nach der Bedarf vorhanden. Anwesende SPD-Kreisräte beschlossen, dieses Thema aufzugreifen und weiter zu verfolgen.
Auf die Fragen des Kreisrates Frank Nowotny und SPD-Kreisvorsitzender Sebastian Müller, wie es mit einer Bundesfinanzierung nach 2020 aussähe, konnte Gerstner berichten:
„Laut den Informationen der für die Mehrgenerationenhäuser zuständigen Serviceagentur plant der Bund eine Regelfinanzierung aller 450 Mehrgenerationenhäuser in Deutschland. Nach acht (bzw. in manchen Landkreisen sogar zehn) Jahren im Status eines „Aktionsprogramms“, haben die MGH's bewiesen, dass der Nutzen für alle – Standortkommunen, Landkreise, Länder, dem Bund und natürlich vor allem den tausenden Nutzerinnen und Nutzern, die täglich eines der MGH's in Deutschland besuchen (zum Vergleich: In Bayern besuchen täglich durchschnittlich 8269 Nutzer die MGH's) – größer ist, als die Kosten, die ein solches Haus verursacht. Alle haben einen Nutzen, heißt aber auch, dass alle an der Finanzierung auch künftig mitwirken sollen. Die bisherige Teilung von 30.000 € pro Jahr durch den Bund und jeweils 5.000 € durch Kommune und Landkreis soll auch nach 2020 beibehalten werden. Weiterhin soll auch gelten, dass strukturschwache Regionen, zu denen Michelau gehört, ihren Anteil vom Land Bayern zurück erhalten können.